Wir hatten am Dienstag die Möglichkeit, die erste serienreife Kamera in Deutschland genauer unter die Lupe zu nehmen. Inkl. dem Recht Bilder zu veröffentlichen und echte Erfahrungswerte in einem echten Fotoshooting sammeln zu können. Aus diesem einen Tag mit der neuen Sony Flagschiff-Kamera Sony Alpha 7RII gibt es heute den größten Kamerabericht ever auf dem K&G Blog. Inkl. Video und vielen Rohdaten, inkl. Vergleichsbildern und und und…
Aber seht doch selbst! Vorab das Video mit allen wichtigen Infos und einem kurzen Interview von Alexander Heinrichs zur neuen Sony Kamera.
Kurzum, die Kamera setzt neue Maßstäbe im Kleinbildsektor. Mit einer PhaseOne für 35.000 kommt der Sensor vielleicht noch nicht ganz mit, aber da sprechen wir ja auch aus genau diesem Grund um eine weitere Null hinten am Preis. Der Sensor ist aber eine Liga für sich und sucht im Kleinbildformat aktuell noch lange nach ebenbürtiger Konkurrenz. Wer das nicht glaubt, der sollte sich den Slider ganz unten mal genauer ansehen und sehen was an maximalen Grenzwerten in der Kamera steckt.
Generelles über die Kamera
Im Grunde genommen haben wir einige schlichte Erfahrungen mit der neuen Kamera gemacht.
- Sony hat alle Features der bisherigen Kameras in einer Kamera zusammengeführt. Stabi aus 7II, SilentMode und 4K aus 7S und Auflösung aus 7R.
- Der Spagat aus ISO und Megapixel ist mehr als gelungen. Der Sensor der 7R (D800) wurde zusätzlich deutlich verbessert und auch wenn bei ISO102400 das Rauschen in den Farben sehr stark abgleitet, es bleibt weiterhin verwertbar.
- Die Kamera kann etwas mehr als der jeweils einzelne brauchen wird. Sie kann sowohl als exzellente Filmkamera in 4K eingesetzt werden mit Super35 Modus ohne RollingShutter-Effekt, wird dann aber wohl als Fotokamera nicht gebraucht werden oder anders herum, wird als HighMegapixel-Fotokamera eingesetzt und dadurch eher als Filmkamera brach liegen. Es gibt zu viele Features die jeweils nur einzelne Gruppen brauchen, aber genau das macht die Kamera halt auch so spannend.
- Der Autofokus ist wirklich grandios besser geworden. Ich würde zwar sagen, dass der bei der 7II schon spitze war aber da hat Sony nochmals eine Nummer drauf gelegt. Gerade die Tracking und AF-C Funktionen sind spitze. Dort laufen Algorithmen im Hintergrund und Verfolgen wirklich Bewegungen und Richtungen. Das ist zwar nicht so gebräuchlich in der Peoplefotografie könnte aber gerade Reportage oder Sportfotografen sehr viel helfen. Mit Kontrast-Autofokus über den Sensor sind zwischenzeitlich viel mehr Dinge möglich als über herkömmliche AF-Sensoren. Die sind zwar immer noch etwas schneller, verfolgen aber z.B. keine Farben und Richtungen von Schärfepunkten.
- 42 Megapixel braucht kein Mensch! Jedenfalls nicht ohne guten Grund. Produktionen oder für große Drucke sind solche Gründe aber nur für das heimische Urlaubsfoto ist das ne Atombombe auf einen Spatz! Trotzdem geil so viel Schärfe!!!
- Die Akkulaufzeiten sind grottig wie eh und je! Allerdings muss man Sony dafür loben denn wer einen Sensorstabi und so viel Rechenpower für einen 42MP Sensor in eine Kamera steckt und dann die Ausdauer bei gleichem Akku ungefähr auf gleichem Level hält, der verdient Lob! Das sind alles extreme Stromfresser und sollten eigentlich für eine reduzierte Ausdauer des Akkus sorgen. Tun sie aber nicht…
ZUSATZ! Ich höre immer wieder dass der Akku ca. 400 Auslösungen hält. Mit der Zahl kann man nix anfangen! Denn wer lange Zeit die Kamera an lässt und Sensor und Display damit aktiviert hält, der kann auch nur 10 Auslösungen schaffen. Daher will ich einfach mal eine Hausnummer sagen. Für einen Reportage-Tag in Island haben wir im Durchschnitt 2 Akkus gebraucht. Für ein Shooting in Deutschland brauchen wir ca. 3. - Dynamik und Farben wurden abermals verbessert. Zwar kein Quantensprung aber trotzdem. 6 Megapixel mehr sind deutlich und ich würde sagen die Dynamik hat sich um ne halbe Blende verbessert. Die Werte entstammen meinem Gefühl nach einigen tausend Bildern mit der Kamera! Kein Messwert im Labor sondern Praxisarbeit.
- Der Sucher ist extrem schnell. Er fühlt sich wirklich noch schneller an als bei den anderen Alphas und gerade bei den Box-Sessions war keine Verzögerung zu vernehmen. Keine Streifen oder Schlieren. Alles war glasklar!
- Die Sony 7R MarkI war eine ordentliche Kamera um einen grandiosen Sensor. Die Mark II macht jetzt um einen Spitzensensor eine grandiose Kamera. Egal ob Videofunktion in 4K, Fokus, Schnelligkeit, WLAN, Sensor, Auflösung, EVF und allen restlichen Features…
- Der “neue” Autofokus der 7RII wird für meinen Geschmack etwas zu sehr gehyped. Überall ließt man nur wie gut der ist!!! Ok, er ist besser geworden aber soooooooo gut???? DSLR-Kameras in der selben Preisregion sind dem Fokus der spiegellosen Systemkönigin immer noch überlegen in Punkto Geschwindigkeit. Wo man den Hut ziehen muss sind die Drumherum-Fokus-Methoden wie das Nachfolgen bzw. Verfolgen von Fokuspunkten oder das Analysieren von Gesichtern. Das rockt sowas von aber der Fokus ist noch immer nicht auf Spiegel-Niveau! Aber trotzdem deutlich besser als bei der 7R Mark 1.
Woher kommt unsere Erfahrung mit der Kamera
Wir konnten mit der Alpha 7RII verschiedene Setups fotografieren. Ein Live-Action-Box-Setup im Ring. Eine wirkliche Sparring-Session zweier Boxer. Dann ein Glamour-Sport-Shooting mit Model und dann noch ein Makro-Set von ledrigen, alten Boxutensilien. Wir haben hier mal ein paar Fotos und weiter unten kommen wir zum Herz der Kamera. Dem Sensor. Insgesamt haben wir mit dem Team über 3000 Bilder geschossen und das an insgesamt drei Tagen.
Wie oben schon angekündigt durften wir eine serienreife Kamera nutzen und hatten dabei die Freigabe zur Veröffentlichung von Rohdaten-Fotos! Und genau das wollen wir jetzt hier machen. Rohdaten aus der MarkII. Heiß und fettig weil so aktuell! Dabei hatten wir auch den Vorgänger 7R und haben das jeweilige Bild mit gleichen Einstellungen und gleichem Objektiv mit beiden Kameras aufgenommen. Dabei haben wir uns für das Makro-Setup entschieden und dort drei ausschlaggebende Stufen des Sensors getestet. Nicht alle ISO-Werte stumpfsinnig durch sondern die großen Schritte. Entweder fotografiere ich im Studio bei niedrigen ISO-Werten mit Blitz und anderem Kunstlicht. Oder aber ich habe Reportage-Arbeit bis gewöhnlich um die ISO1600. Das ermöglicht bei f1.4 Objektiven auch bei Nacht noch gut belichtete Fotos. Oder aber es geht in die Extreme und das wäre dann auch die dritte Stufe.
Nachfolgend sieht man unser “Testfoto”. Fotografiert wurde mit dem 90mm Makro von Zeiss und immer bei f16 mit Fernauslöser bei ISO200 ausgelöst. Fokussiert wurde mit dem kleinen Fokusfeld auf den oberen Bereich der beiden Ringe.
Rohdaten zum Download / Bitte nicht alle gleichzeitig 🙂
ISO200, ISO1600, ISO25600 und weil die 7RII noch 102400 kann, die MarkI aber nicht, haben wir im vierten Download diesen ISO-Wert mit dem maximalen Wert der MarkI verglichen.
Vergleichs-Rohdateien ISO200 // 7R & 7RII
Vergleichs-Rohdateien ISO1600 // 7R & 7RII
Vergleichs-Rohdateien ISO25600 // 7R & 7RII
Vergleichs-Rohdateien ISO102400 // 7R & 7RII
Besprechung der Bilddaten
Was an den Bildern auffällt ist, dass die 7RII deutlich schärfer abbildet. Wir haben nicht falsch fokussiert und es war jeweils das gleiche 90er Makro Objektiv. Trotzdem schaut es aus als ob die 7RII sichtbar mehr Details liefert. Und dabei kann nicht nur vom Bonus der 6 Megapixel gesprochen werden.
Um nicht gleich alle Rohdaten herunterladen zu müssen haben wir hier auch den Vergleich ins Blog eingebaut. Nicht erschrecken, wir hatten das Slider-Tool eigentlich für einen VORHER-NACHHER Vergleich programmiert. Also in Bezug auf Bearbeitung. Heute missbrauchen wir den Slider einfach für die Bildvergleiche. Dabei muss man sich nur merken:
VORHER = SONY 7R MARK 1
NACHHER = SONY 7R MARK 2
Das hier ist der Detail Vergleich im Ausschnitt bei ISO200.


Anmerkung zu ISO200: Man sieht deutlich mehr Informationen in den Details. Einerseits durch etwas mehr Megapixel und andererseits aber auch durch einen besseren Sensor. Die Schärfe und die Details sind so viel besser, dass es nicht nur an 6 Megapixel PLUS liegen kann. Im Vergleich zur Mark II wirkt der alte Sensor fast schon irgendwie unscharf. Ich hatte im ersten Moment das Gefühl falsch fokussiert zu haben, war aber bei f16 wirklich nicht der Fall.
Gefolgt vom Bildvergleich bei ISO1600.


Anmerkung zu ISO1600: Während man bei der alten 7R bei ISO1600 schon ein leichtes Rauschen in den Schwarzwerten feststellen kann, so ist bei der 7RII kein Rauschen zu sehen. ISO1600 ist gefühlt wie ISO400, ISO800 oder ISO200. Perfekt!
ISO25600 ist für die Mark 1 das Maximum. Daher dieser Vergleich!
Anmerkung zu ISO25600: Unfassbar wie wenig die Kamera bei 25600 rauscht. Man erkennt deutliches Rauschen aber die Strukturen, die Farben als auch die Details bleiben dabei erhalten. So ist Rauschen nicht derart unangenehm wie bei der alten 7R Kamera. Die hat deutlich Farb-, Kontrast- und Detailverluste durch das Rauschen und bekommt schon bei ISO25600 einen Farbstich.
Hier nochmals der Extremvergleich. ISO25600 der 7R gegen 102400 der 7RII.


Anmerkung zu ISO102400: Wow, es rauscht wie bolle. Am schlimmsten ist die Farbveränderung in Richtung Magenta oder Rot. Aber! Das Luminanzrauschen ist bei der 7RII bei 102400 wie bei der 7R bei 25600. Absolut identisch.
Der Sony Sensor!
Und jetzt kommen wir zur Parade-Disziplin der Sony Kameras. Der Sony Sensor. Dieser Sensor dreht bisherige Regeln um. “Expose to the right” oder sonstiger anachronistischer Bullshit gilt nicht mehr. Der Sensor ist in den Tiefen stärker als in den Lichtern und hat ein unglaubliches Potential an Farbe und Zeichnung selbst in wirklichen Tiefen. Ich weiß selbst noch nicht warum viele Lehrbücher so einen Dreck mit “Rechts vom Histogramm” verzapfen! In der Praxis funzt es genau anders herum und die neuen Sensoren sind auch stärker im Dunklen als im Hellen.
Daher der Praxistest. Ich habe das Bild und den Ausschnitt 2,5 Blenden in Lightroom heller gemacht. Die Tiefen um 75 Punkte erhellt und dazu noch die Schwarzwerte um 15 hoch gezogen. Fieser kann man eigentlich zu einem Bild gar nicht sein. Das entspricht zusammengerechnet einer Aufhellung der Schatten um über 3 Belenden, eher gegen 4 gehend.
Ausgangsmaterial war beides Mal das Bild mit ISO200.


Dieser Vergleich ist einfach nur der Wahnsinn. Wenn man sieht wie viel mehr Klarheit in den Tiefen existiert, einfach Bombe. Das Rauschen ist nur etwas reduziert, dafür bricht der Sensor aber nicht in den Farben aus. Die Schatten verfärben sich nicht leicht rötlich sondern bleiben neutral. Dazu existieren bessere Kanten und kleineres Korn. Einfach Bombe! Für mich die Verbesserung des Sensors schlechthin.
Dafür sollte man sich einfach mal die beiden Kanten im Dunklen anschauen. Die sind klar erkennbar und werden durch das Rauschen nicht ausgefranst. Das ist einfach nur mega stark und klassisch Sony Sensor wie es ihn auch mit dieser Brillanz in der D800, D810 und D750 gibt.
Und damit wir diesen Beitrag auch gebührend abschließen gibt es jetzt noch einige “echte” Rohdaten aus unserem Shooting in Berlin. Einfach fantastisch wie die Kamera auflöst. Das Bild unten zeigt das Auge in 1:1 in einem 960px Crop.
Hier gibt es vier verschiedene Fotos zum Download. Einfach auf das ZIP-Zeichen unten klicken, dann fliegen 46MB pro Rohdatei durch das Netz auf euren Rechner.
In diesem Sinne schließen wir die technischen Erfahrungen zur Kamera ab und enden mit einigen noch subjektiveren Meinungsäußerung.
Fazit
Die Alpha 7RII verdient aktuell den Namen Flagschiff-Kamera und zeigt was Sony in den letzten Jahren gelernt hat. Natürlich könnte man abermals in den altbekannten Streit zwischen Spiegellos und Spiegelreflex verfallen. Möchte ich aber nicht. Diskutieren darüber ist einfach müsig. Es sind unterschiedliche Systeme und ich streite auch nicht darüber, warum es ein Cabrio und ein Coupe gibt. Beides können vorzügliche Autos sein und warum braucht man denn beim Autofahren schon ein Dach???
Die Kamera kommt mit 3500 € jetzt nicht gerade in die Ausgaben aus der Portokasse aber was man dafür bekommt ist phänomenal. Sensorentechnik vom Feinsten in einer äußerst nutzbaren Form. Das verblödete Menü-System der ganzen Sony Kameras kauft man sich leider mit aber einen Tod muss man ja sterben. Vielleicht könnte Sony da nochmals einen Experten dran setzen weil die ganzen Alphas einfach nicht wirklich produktiv in der Bedienung sind. Jedes Mal wenn ich eine “seltene Funktion” brauche, dann suche ich mir bei den Alphas den Ast durch tausend horizontal gleichwertig angeordnete Bereiche ab. In der Praxis hat man die Kamera spätestens am dritten Tag im Betriebsmodus und dann arbeitet man sowieso nur noch mit den rudimentären Rädchen. Trotzdem bleibt ein fahler Beigeschmack im Bedienkonzept. Vor allem gibt es bei jedem Blick auf die Ergebnisse und bei jedem Klick auf 100% Darstellung in Lightroom genug Gründe sich daran zu gewöhnen.
Welche Alpha ist die Richtige?
Diese Frage ist sehr schwer und unglaublich differenziert zu betrachten. An erster Stelle sollte immer die Frage stehen, ob man mit einer spiegellosen Kamera glücklich wird. Das muss wertneutral erfolgen und bei den meisten Fotografen ist das eine reine Gefühlsentscheidung. Pro und Kontra haben beide Systeme. Guckt man durch oder schaut man sich das Bild eben auf einem Display an? Der eine sagt so, der andere fühlt ganz anders. Richtig gibt es dabei nicht.
Wenn die Entscheidung über die Art des Kamerasystems gefallen ist, dann ist es eigentlich gar nicht mal so schwierig zu entscheiden welche Alpha die Beste für einen ist! Ich möchte das hier an dieser Stelle einfach mal in Stichpunkte fassen:
- Geld spielt keine Rolle, es soll das Beste sein = 7RII
- Studio, Portrait, People mit viel Megapixel und Dynamik = 7R oder 7RII je nach Geldbeutel
- Filmen oder Reportage wo 12MP und hohe ISO perfekt sind = 7S
- Vollformat als Allroundkamera für günstig Geld = 7
- Vollformat als noch bessere Allroundkamera mit deutlich besserem Fokus-System = 7II
- Schnelle Motive und viel Hektik = 7RII oder 7II
In diesem Sinne, euch ein frohes Fotografieren. Und nie vergessen! Man braucht keine Sony Alpha 7rII um tolle Fotos zu machen. Neueste Technik macht die Arbeit evtl. einfacher, meist wie in diesem Falle auch technisch hochwertiger, aber der Ausgangspunkt für tolle Fotos macht der Kopf, die Idee, der Blick und das Verständnis von Licht und Motiv. Wer fotografiert nicht gerne mit einer so tollen Kamera wie der 7RII aber auch ich muss morgen wieder ohne 7RII fotografieren und wenn ich meine gute alte 5D Mark II ans Auge setze, dann muss ich mich damit nicht veraltet fühlen. Macht tolle Fotos und achtet dass es darauf ankommt. Soviel Wort zum Sonntag muss noch sein!
Ciao Martin 🙂
Hallo zummen,
gute Webseite mit vielen nützlichen Informationen. Ihr habt auch einen Artikel in dem ihr die drei Sony Alpha, 7 II, 7R II und 7S II vergleicht. Kann es sein, dass die Beispielfotos (ARW und JPG) Porträt und Kölner Dom was die Namen der Fotos angeht “R” und “S” vertauscht sind?
VG
Peter
Das kann gut sein…