Dieser Beitrag geht über das Fujifilm Kamera LineUp und ins besondere über die X-T1 als geniale Flagschiffkamera der Marke. Schärfe, Brillanz, Farben auf Höchstniveau verpackt in einer kleinen, sexy Retrokamera.
In diesem Beitrag steckt viel mehr Zeit und Aufwand als in vielen gewöhnlichen Blogbeiträgen zusammen. Denn hinter den nachfolgenden Ausführungen steckt die Arbeit von Monaten. Erfahrung baut sich nicht von heute auf morgen auf und ich weiß auch nicht ganz genau, wie man einen Kameratest in einer Zeitschrift mal kurz über 10 Tage machen kann. Ich jedenfalls brauche Ergebnisse aus der Praxis und viele viele Stunden an einer Kamera um Vor- und Nachteile überhaupt zusammen zu fassen zu können.
Für die Fuji X-T1 habe ich mir besonders viel Mühe gemacht und ich habe einige tausende von Fotos mit der Kamera aufgenommen, bearbeitet und fertig gestellt. Ich hatte den Beitrag vor Monaten angekündigt aber die Zeit bis heute musste ich mir nehmen um fundiertes Wissen zu sammeln. Ich habe so viel mit Olympus, Canon, Sony und Nikon fotografiert, dass ich es der X-T1 schuldig war, auch ihr genügend Chancen zu bieten. Und was soll ich sagen, die X-T1 hat mich nicht enttäuscht. Aber fangen wir am Anfang an.
Fuji fotografiert sich irgendwie anders!
Die Fuji serviert einem erstmal einen kleinen Schock. Von einer DSLR kommend erlebt man am Anfang direkt mal ein blaues Wunder. So ungefähr, wie wenn man im Winter nach Südafrika fliegt und dort in Winterkleidung aus dem Flugzeug steigt. 🙂 Die Fuji sieht nämlich nicht nur anders aus, sie fotografiert sich auch anders. Das Problem an der Sache, wenn man es nicht selbst gemacht hat, dann weiß man damit gar nix anzufangen. Man versteht auch nicht, was “anders” bedeutet. Ich hoffe die anderen Fuji-Fotografen verstehen was meine Seele gerade schreiben möchte, meine Finger aber irgendwie nicht in Worte getippt bekommen. Es geht nicht darum dass man mit der Fuji langsam fotografiert. Man nimmt sich nur mehr Zeit. Und das finde ich sehr schön. Ich finde im Vergleich zur Fuji verleiten alle anderen Kameras förmlich zum Knipsen während die Fuji X-T1 deutlich manueller arbeitet. Die Ränder lassen sich ohne zwei Finger bzw. einem dritten Finger auf der Entriegelung nicht verändern. Man denkt daher wirklich mehr darüber nach, was man eigentlich gerade einstellen möchte. Ein wildes herumdrehen macht bei der Fuji kaum Sinn… Das ist aber nicht alles… denn mit der Fuji lässt man sich auch gerne blicken. Wenn Fotografie IN ist, dann ist es TURBO IN mit der Fuji umherzuwandern. Auch hier kann der eine oder andere sich mal nach dem Grund fragen, warum IN ein Kriterium für eine Kamera sein soll. Aber auch wenn es kein Kriterium für die Kamera selbst ist, für die Bilder macht es einen Unterschied. Personen agieren anders auf diese Kamera als auf eine große DSLR. Man hat die Kameras öfters dabei weil man sie eben auch gerne dabei hat. Und gerade da entstehen oft die besten Fotos.
Zudem kommt eben auch die Größe und der Gewichtsfaktor. Ok, Olympus Kameras sind noch kleiner aber die Fuji ist meiner Meinung nach ein sehr guter Kompromiss aus Größe und Leistung. Der APS-C Sensor braucht einfach eine größere Bauform und auch die Objektive sind eben etwas größer. Aber “etwas größer” ist immer noch deutlich kleiner als jede DSLR 🙂
Das Herzstück, der Sensor
Fuji Kamera heißt Schärfe. Kaum ein anderer Sensor bildet so scharf ab wie der Fuji Sensor. Man sagt dem Sensor zwar Schwächen bei hohen ISOs nach aber eine Unterstellung bzgl einem Mangel an Schärfe und Brillanz habe ich noch nie gelesen. Und auch meine Erfahrung bestätigt das. Teilweise ist der Sensor so scharf, dass es schon in der unbearbeiteten Rohdatei einen Wunsch zu negativer Schärfe gibt. Vielleicht bekommt Lightroom noch einen Unscharf-Machen-Regler nur wegen Fuji-Kameras.
Was dahinter steckt ist einfach eine Schärfe, die nicht sehr zart sein kann und so manchem Porträt zu viel Details verleiht. Gerade Portraits leben teilweise über eine Sanftheit auf. In der Landschafts- oder Architekturfotografie ist Schärfe hingegen ein absolutes Musskriterium. Da sieht man mal wieder, wie man es macht, macht man es falsch. 🙂 Oder eben richtig… denn Unscharf machen ist einfacher als Scharf machen.
Einfachheit
Das Besondere an der Fuji X-T1 ist das Bedienkonzept. Im Grunde genommen habe ich am Anfang etwas Zeit im Menü verbracht, dann im Abstand von einigen Wochen ein paar mal die Tasten neu belegt aber nach sehr kurzer Zeit wurde die Kamera nur noch über die Knöpfe bedient und nicht mehr über das Menü. Das kann ich bei meiner Canon zwar auch aber irgendwie nicht so. Das “irgendwie nicht so” scheint sich in diesem Beitrag zu wiederholen. Daher mache ich jetzt einfach meine Erklärungen an Bildern fest.
Die Einstellungen an der Fuji werden über Drehräder bedient. Selbst ISO, eine Einstellung die bei anderen Kameras über das kleine Kameradisplay verändert werden muss, hat ein eigenes Rad. Mit Links stellt man die ISO ein, wechselt dann auf die rechte Seite…
…um rechts vom Okular dann die Belichtungszeit oder die Belichtungskorrektur einzustellen. Die Blenden werden über das Objektiv eingestellt sodass es auch dafür kein Rad sondern nur einen Ring gibt. Jede wichtige Einstellung wird dadurch mechanisch an der Kamera eingestellt, Räder müssen bewegt werden um ISO, Blende oder Zeit zu ändern. Nix mit schnell mal Daumenrad drehen oder so…
Zusätzlich sind alle großen Haupträder noch mit den wichtigsten Unterfunktionen doppelt belegt. Es gibt also Unter-Drehrädchen die z.B. die Messmethode oder den Betriebsmodus der Kamera festlegen. Bei den meisten anderen Kameras müssen viele dieser Funktionen mindestens über das kleine obere Kameradisplay eingestellt werden.
Dazu kommen noch die frei belegbaren Funktionstasten oben…
…vorne…
…und hinten an der Kamera.
Darüber lässt sich wirklich alles fotografieren ohne einmal ins Quickmenü oder ins große Hauptmenü gehen zu müssen. Alleine das Verändern der Blende am Objektiv und nicht über die Kamera erzeugt ein anderes Fotografieren. Es klingt so banal und komisch aber es macht eben in der Praxis einen tatsächlichen Unterschied wo ich die Blende einstelle. Man spielt weniger Gameboy als bei anderen Kameras. Es geht mehr um die Arbeit mit der Kamera.
Zusätzlich bietet die Kamera aber auch die Möglichkeit moderne Features zu nutzen. Klappdisplay für bodennahe Aufnahmen, manuelles Fokussieren mit Fokus-Peaking und 100% Vergrößerung. Das hilft bei der Arbeit mit manuellen Objektiven und ist in vielen Situationen wirklich hilfreich.
Vor- und Nachteile
- Schärfe
- Optische Qualität
- Retro-Look
- Akkulaufzeit für eine spiegellose Systemkamera sehr gut!
- Sau gute Verarbeitung (haben wir im Starkregen getestet!)
- Geiler Kompromiss aus Sensorgröße und Kamera-System-Größe
- Fehlender Sensorstabi!
- Fokus könnte schneller sein!
Möglicher Raum für Verbesserungen
Wenn mich jemand zwingt etwas Negatives über die Kamera zu schreiben, dann würde ich Dynamik als wichtigsten Punkt anführen. So scharf der Sensor auch ist, so könnte er trotzdem etwas mehr Dynamik vertragen. Je nachdem wie man was fotografiert ist Dynamik wichtiger oder weniger wichtig. Für meine Art der Fotografie ist Dynamik sehr entscheidend. Ich probiere meistens die Kontraste so weit wie möglich auseinander zu ziehen und brauche daher Dynamik um jeden Preis. Gerade bei hellen Wolken kommt es im Extremen zu Abrissen der Weißwerte. Ich spreche dabei wirklich von extremen Korrekturen bei denen der Himmel um 2 oder gar 3 Blenden runter gezogen wird und vorher schon grenzwertig hell belichtet war. Ansonsten würde ich die Kamera so lassen wie sie ist aber evtl. noch ein Model in wirklichem Aluminium anbieten. Gebürstet und raue Oberfläche… Das wäre der Knaller.
Vielerorts liest man ja über den “ach so schlechten AF”… kann ich jetzt nicht bestätigen. Ich finde dass ich sogar in dunklen Straßen in der Nacht fokussieren konnte und immerhin hat die Kamera auch ein kleines Fokushilfslicht verpasst bekommen. Ist zwar nix Besonderes für Nikon aber Canon kriegt das anscheinend heute noch nicht in ihre Kameras verbaut.
Wenn man mit LowLight mosern möchte, dann könnte man über das rauschende Sucherdisplay herziehen. Wenn wirklich wenig Licht existiert und die Kamera evtl. noch kein so offenblendiges Objektiv aufgesetzt bekommen hat, dann kann der Sucher auch schon mal richtig rauschen. Das Rauschen führt dann bei aktiviertem Peaking manchmal auch zu fehlerhaften Schärfeanzeigen weil die Kamera das Rauschen für Scharfe Pixel hält. Das muss man einfach wissen und im Hinterkopf behalten.
Meine Kombination
Gestartet bin ich bei der Fuji mit einer Traumkombination aus X-T1 und 23mm 1.4 Objektiv. Umgerechnet kommt das einer Vollformat-35er Lösung sehr nahe und ist für mich die perfekte Reportagekamera. Mit 23 aka 35mm kann man alles fotografieren ohne einen zu starken Weitwinkeleffekt bei gleichzeitig schöner Freistellung. Die Lichtstärke sorgt selbst in schlechten Situationen für ausreichend Licht und selbst CloseUp Portraits kommen mit 35mm gerade noch schön. Nah aber eben immer noch schön. Optional war am Anfang auch das 56mm 1.2 in der Diskussion, gerade aber auf engem Raum ist das 56er doch zu lang. Es ist eine tolle Linse aber nicht so umfangreich zu nutzen wie das 23er. Mit dem 23er Objektiv hatte ich auch von der ersten Sekunde eine unglaublich scharfe und schnelle Linse an der Kamera und konnte die Merkmale der Fuji direkt austesten.
Das 23er ist echt die schönste Linse ever. Klein, kompakt aber mit einer wahnsinns Schärfe. Lichtstärke von 1.4 ist einfach bombig. Bloß die Geli ist mir viel zu groß geraten und kippt die Dimensionen der Gesamtkombo etwas ins Negative.
Für wen ist die Fuji X-T1
Ich würde behaupten mit der Fuji X-T1 kann man alles ausser vielleicht Sportreportagen beim FCKöln fotografieren. Prädestiniert finde ich die Kamera in der Fotografie mit Außenwirkung. Hochzeiten sind genauso toll damit zu fotografieren wie Street- oder sonstige Reportagen. Auch als Reisekamera macht die Kamera aufgrund ihrer Schärfe und optischen Qualität echt was her.
Ein Bereich der dieser Kamera eher weniger zugeschrieben wird ist die Peoplefotografie. Obwohl die Ergebnisse unten zeigen wie toll die Aufnahmen aus der X-T1 sein können, traut man der Kamera fälschlicherweise diesen Bereich fast nicht zu. Völlig falsch. Ich würde sogar behaupten, dass die Kamera aufgrund ihrer Schärfe und des Looks sich vorzüglich gerade für die Studiofotografie anbietet. Fokus ist meiner Meinung nach noch ein Thema für Fuji und dort kann die Kamera noch deutlich einen drauf setzen. Schärfe und Optik, würde ich behaupten, hat nicht mehr viel Luft nach oben. Insgesamt habe ich 70% der Fotos manuell fokussiert und habe dank Fokus-Peaking und 100% Vergrößerung damit nie ein Problem gehabt.
Man sollte allerdings nicht den Fehler machen und die X-T1 mit Zooms zu verschandeln. Fuji baut extrem gute Standardzooms aber der Look der X-T1 kommt eben bei einem f1.4 oder f1.2 Objektiv nochmals mehr zum Vorschein.
Bilder anstatt Worte sprechen lassen
In den letzten Monaten habe ich die Fuji oft dabei gehabt. Sei es jetzt auf einem Trip ins Ausland oder nur zu einige Freunden. Ich habe auch viele Modelshootings nur mit der X-T1 gemacht. Dabei habe ich besonders auf Herausforderungen geschaut. Gegenlicht, LowLight bei Nacht, ein kleines Led-Strahlerchen im Hotelzimmer, Regen oder einige wenige Glühbirnen im Hintergrund waren meine Lichtquellen. Schaut euch doch selbst die Bilder an und entscheidet welche Grenzen die Fuji X-T1 wirklich hat und was man ihr nur böswillig nachsagt. Die Fotos sind alle entweder mit dem 23mm 1.4 oder mit dem Handevision Ibelux 40mm 0.85 gemacht worden.
Lieben Gruß, euer Martin